Warst Du dir schon immer sicher, dass Du selbst Kinder bzw. dass Du keine Kinder willst? Warum? Was lässt dich Zweifeln, was bestärkt dich?

Kategorie: Themen für alle Autor*in: Fabian, 35, Männlich, kein Kinderwunsch

Es ist eine Entscheidung, die lange gereift und in den letzten 2-3 Jahren reif geworden ist (durch Austausch mit engen Freunden, die eine Vasektomie vorgenommen haben). Nun will ich den nächsten Schritt tun und eine ebensolche Vasektomie durchführen lassen. Es gibt dafür eine Reihe von Gründen. Mit ist es wichtig, mir dieser Gründe klar zu sein, um die Entscheidung gegenüber meinem zukünftigen Ich vertreten zu können.

Hier eine Auflistung nach Gewichtung, je weiter oben in der Liste, je bedeutender und fundamentaler für meine Entscheidung:

1. Ich möchte primär meine Ideen und Werte weitergeben und nicht meine Gene (das hat wohl mit dem Soziologiestudium zu tun…)
2. Neue Elternmodelle ausprobieren, in Richtung frei-assoziierte Sippschaften. Ich denke, dass Personen, welche selber keine Kinder haben und dennoch Care-Arbeit übernehmen, einen Beitrag dazu leisten können, die bürgerliche Kleinfamilie zu überwinden. So können sie neue Formen von (sozialer) Elternschaft mitermöglichen. Ich kann mir vorstellen, dass dieses „post-moderne Onkel-Sein“, gerade für Kinder eine interessante Form einer zusätzlichen Bezugsperson darstellt und den Eltern ermöglicht, neben der Elternschaft andere Identitätsteile zu pflegen.
3. Ich habe mich entschieden, ein materiell einfaches und damit unsicheres Leben zu führen, was nicht per se den Kinderwunsch ausschließt, aber durch die Verantwortung für ein anderes Wesen doch gewisse Zielkonflikte birgt. Ich denke mit Kind würde ich tendenziell eine unbefriedigende Lohnarbeit oder die Beziehung zur Kindsmutter später kündigen/trennen als ohne Kind.
4. Ich bin lieber Kind, als dass ich welche habe.
5. Aktive Lebensgestaltungen, Einsichten und Überzeugungen in die Tat umsetzen, in diesem Fall durch eine Vasektomie die Entscheidung „verkörpern“, keine eigenen Kinder haben zu wollen.
6. Es gibt genug klassische Familien. Im Sinne der Pluralität von Lebensformen, finde ich es spannend, andere Wege einzuschlagen zu entdecken und auszuprobieren
7. Ich interessiere mich weniger für Windeln und Babynahrung und mehr für Pädagogik und spielendes Weltentdecken mit Kindern. Hier habe ich noch viel zu lernen. Ich denke, die Basis ist wie überall im Leben die Haltung und die Beziehung.
8. Und ja, es gibt sie natürlich, die egoistischen, opportunistischen Gründe: Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit, Freiheit, dass jederzeit alles passieren kann und ich nicht 20 Jahre lang „gebunden“ sein will, Zeitkapazitäten für intensives soziales Engagement und spontane Eskapaden, ohne dass ich eine Kinderbetreuung organisieren muss. Lieber eine Nacht durchfeiern, als eine schlaflose Nacht mit Kindern weinen. Vom einem Moment auf den anderen entscheiden können, mein Leben total zu verändern – und es tun, z.B einfach mal loslaufen…
9. Beitrag, als Mann Verantwortung für die Verhütung zu übernehmen und auch selbst die „Kontrolle“ darüber zu haben.
10. Globaler Kontext, Zukunft der Zerwürfnisse, vielleicht Kollaps der Zivilisation bis Ende des Jahrhunderts, massiver Klimawandel, sich zuspitzende geopolitische und militärische Konfrontationen, dabei gibt es genug Kinder auf der Welt, viele davon leiden. Die Welt braucht nicht mehr Kinder, sondern mehr Geborgenheit für Kinder! Auch hier werde ich mich noch genauer mit der Frage auseinandersetzen, was mein Beitrag sein kann.
11. Rein intuitiv, keine Lust auf eigene Kinder, eigentlich auch nie gehabt. Keine Bedürfnisse, die ich mir mit dem Kinderwunsch zu erfüllen erhoffe.
12. Polyamore Lebensweise mit wechselnden Beziehungsgeflechten, was es nicht ausschließt, Kinder zu haben, aber für mich stehen die Auseinandersetzung und die Pflege der amourösen Beziehungen im Vergleich zur Kindsliebe im Vordergrund.
13. Schließlich habe ich das Gefühl, nicht besonders alt zu werden, was wiederum ein Problem im Hinblick darstellt, da ich, wenn ich ein Kind hätte, dann auch für das Kind da sein will.

In diesem Sinne habe ich keine Zweifel. Allenfalls im Hinblick darauf, dass sich mein Ich so total verändert, dass andere Werte mehr zählen könnten, dass ich eine Person treffe, mit der ich eigene Kinder haben möchte. Nichtsdestotrotz, denke ich, dass es wichtig ist, sich nicht immer alle Optionen offen zu halten, sondern das Leben aktiv zu gestalten und Entscheidungen in eine unbekannte Zukunft hinaus zu treffen.

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Zeichnungen mit verschiedenen Darstellungen von Elternschaft