Warst Du dir schon immer sicher, dass Du selbst Kinder bzw. dass Du keine Kinder willst? Warum? Was lässt dich Zweifeln, was bestärkt dich?

Kategorie: Themen für alle Autor*in: Paul, 50, Männlich, unklarer Kinderwunsch

Bis ich 40 geworden bin hat mich der Gedanke geprägt, dass ich doch eine Zumutung für eigene Kinder in der Vaterrolle sein würde. Das hat sich geändert, als ich persönliche Unsicherheiten stärker – und mit Konsequenzen – reflektiert habe und auch mit Therapie angegangen bin. Dazu kamen Partnerinnen, mit denen ich es mir vorstellen konnte. Und das Gefühl, dass meine Lebenssituation (auch beruflich) einen sicheren Rahmen schaffen könnte, sodass ich auch durch Elternzeit/Teilzeit u.ä. eine mehr als 50% Rolle bei den kinderbezogenen Aufgaben übernehmen könnte.

Leider sind die beiden Beziehungen in die Brüche gegangen und ich darüber so alt, dass ich nach meinem Gefühl auch zu alt für eigene Kinder bin, um ihnen ein lebendiger Vater zu sein. Dahinter steht die Befürchtung ihnen dann eher in lebensweltlicher Distanz als Opa zu begegnen.

Ich erinnere mich an meine erste Beziehung. Da fragte mich meine Freundin sehr früh, ob ich denn Kinder haben wolle. Ich konnte die Frage nicht beantworten. Sagte nur – wahrheitsgemäß – , dass ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht hätte.

Das empfand meine damalige Freundin als maximal ignorant, weil es ihre Lebenssituation und Lebensplanung radikal betreffen würde und ich dies noch nicht mal ansatzweise mit bedenken würde. Das konnte ich nachvollziehen. Hat die Kinderfrage für mich jedoch sehr aufgeladen.

15 Jahre später – und in Beziehungsfragen erfahrener – hatte ich mich meiner Freundin offenbart, dass ich mir mit ihr gut vorstellen könnte, Kinder zu haben. Ich sagte dies ohne Erwartungen, aber durchströmt von einem gelingenden Gefühl. Dies führte zu einer mehrmonatigen Beziehungskrise. Wie sie mir später offenbarte, sah sie durch mein Bekenntnis massiv unter Druck gesetzt.

Mit dem Vierzigwerden meiner jetzigen Freundin war von ihrer Seite die Frage verbunden, ob ich Kinder wolle und mir das wichtig ist und sie es bis vierzig für sich geklärt haben wolle. Aus biologischen Gründen, aber auch, um damit für sich abzuschließen. Da war ich zu keinem klaren Bekenntnis in der Lage. Weil durch Beziehungsbrüche zuvor und mein fortgeschrittenes Alter, mir die Idee selbst Vater zu werden wieder fremder geworden war.

Warum ich keine Kinder wollte? Ich denke, dass das stark mit meiner Erfahrung als Kind in meiner Familie zu tun hatte. Ich habe meine Familie nicht als den Ort der Geborgenheit, aus dem heraus ich die Welt erobern kann, erlebt. Und dort nicht lernen könne, wie eine gute, tragfähige Beziehung funktionieren könnte. Deswegen war es für mich lange Zeit undenkbar, selbst ein Kind gut in diese Welt begleiten zu können. Ich war auf jeden Fall überzeugt, dass ich stark überfordert wäre.

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Zeichnungen mit verschiedenen Darstellungen von Elternschaft