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Kategorie: Themen für alle Autor*in: Robyn, 40, Weiblich, 2 Kinder

Wie verlief der Prozess bis zur Pflegeelternschaft?

Unser zweites Kind ist ein Pflegekind. Wir haben uns beim Jugendamt gemeldet und sind da auf eine ganz fantastische Person gestoßen, die total überzeugt war von dem Konzept Pflegeelternschaft. Sie hat so ein Feuer ausgestrahlt dafür - und das, nachdem sie diesen Job schon 20 Jahre gemacht hat. Das hat mich sehr beeindruckt. Am Anfang haben wir unter anderem darüber gesprochen, wie groß die Gefahr ist, dass das Kind nicht auf Dauer bei uns bleibt. Das scheint wohl von Jugendamt zu Jugendamt unterschiedlich gehandhabt zu werden. Aber sie hat zu uns gesagt, dass sie das in den ganzen Jahren, in denen sie den Job schon macht, noch nie erlebt hat bei der sogenannten Vollpflege. Wenn man die Schiene der Vollpflege geht, dann sei das auf Dauer angelegt und werde auch ganz klar und transparent mit allen Beteiligten besprochen. Das hat uns Sicherheit gegeben. Und dann gibt es so einen zweistufigen Prozess. Als erstes macht man einen Kurs für Anwärter*innen, die Pflegeeltern werden wollen. In der Stadt, in der ich gelebt habe, da geht man auch zum Pflegeeltern-Stammtisch, lernt schon mal Pflegeeltern kennen und kann ihnen Fragen stellen. Ich habe mich auch mit jemandem von dort ziemlich schnell angefreundet, und habe darüber viel mitbekommen über das Leben als Pflegeeltern. In der zweiten Phase entscheidet das Jugendamt, ob sie die Anwärter*innen für geeignete Pflegeeeltern erachten. In dieser Phase muss man sich ziemlich nackig machen, finanziell und psychisch und die Wohnsituation wird geprüft. Es gab sehr intensive Fragen, z.B. was verspreche ich mir davon, Pflegeeltern zu werden, was auch nicht? Wo sind auch meine Grenzen? Was kann ich mir vorstellen zu leisten und was eben auch nicht? Und wenn das alles passt von beiden Seiten, dann gibt es erst mal so eine Art „go“ und dann wird gewartet. Es ist ja nicht so, dass für Erwachsene ein Kind gesucht wird, sondern dass für ein Kind eine passende Familie gesucht wird. Bei uns ging es aber total schnell. Als die Zuständige vom Jugendamt unsere Wohnung angeschaut hat, hat sie uns auch schon mitgeteilt, dass wir als Pflegeeltern in Frage kommen. Und ab wann wir es uns vorstellen könnten. Wir sagten, so in einem dreiviertel Jahr würde es gut für uns passen, wenn ein Kind zu uns kommt, aber wenn natürlich gerade jetzt ein Zuhause für ein Kind gesucht würde, könnten wir auch ab sofort. – Wir hatten ja von unserem älteren Kind noch alles da mit Kinderkleidern, Bettchen und so. – Sie fragte: Wirklich sofort? Wir: Ja! Und dann sagte sie, dass es ein Kind gebe, für das wir eine gute Familie sein könnten. Am nächsten Tag haben wir ihn zum ersten Mal gesehen. Da hat er gerade in einer Bereitschaftspflegefamilie gelebt und war fünf Wochen alt. Eine Woche später ist er bei uns eingezogen. Und dann war unser Sohn bei uns. Das war toll. Bevor er bei uns eingezogen ist, haben wir uns über das Jugendamt mit der leiblichen Mutter getroffen. Mit ihr wurde auch ein offizieller Vertrag geschlossen. Ein Vertrag, in dem uns die leibliche Mutter quasi beauftragt, die Alltagssorge für das Kind zu übernehmen. Das war ganz schön, das Treffen, weil wir nicht den Eindruck haben, irgendwer nimmt ihr das Kind weg, sondern da ist eine Person, die sagt, ich schaff das nicht und das ist toll, wenn ihr das macht. Das ist einfach eine gute Basis dafür, dass er bei uns sein kann. So können wir ihm sagen, dass seine leibliche Mutter das so will. In den ersten Jahren hatten wir gemeinsam mit unserem Sohn dann monatliche Treffen mit den leiblichen Eltern, sogenannte Umgangskontakte. Und so konnte er erleben: Er hat vier Eltern. Und dass das ganz offen ist. Das finde ich toll an dem Konzept Pflege. Ja, so kam unser zweites Kind zu uns. Es war toll, ein kleines Baby zu haben, ohne Schwangerschaft und Geburt in den Knochen, sondern ich war total fit. Es war mega.

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Zeichnungen mit verschiedenen Darstellungen von Elternschaft