MC

Alter
25
Gender
Weiblich
Kinderwunsch
nein

Wie haben sich Freundschaften verändert, seit Du bzw. enge Freund*innen Kinder haben?

Das Kind des Freundes hat unsere Freundschaft auf verschiedene Weisen geändert. Einerseits ist das Kind sowohl organisatorisch, als auch „inhaltlich“ oft Thema. Andererseits habe ich nun auch eine Beziehung zum Kind und ich habe gemerkt, dass mir das für die Beziehung zu dem Freund wichtig ist. Das Kind ist Teil seines Lebens und ich spüre, dass sich mein Stellenwert in seinem Leben damit verändert, welchen Teil ich im Leben des Kindes einnehme. Es war anfangs schwer für mich, da ich gegenüber Kindern unsicher war und zusätzlich mit dem Gefühl konfrontiert wurde, selbst als Kind eine große Bürde gewesen zu sein. In dieser Zeit hatte ich Angst, dass sich meine Schwierigkeiten mit dem Kind negativ auf die Freundschaft auswirken könnten. Ich konnte das aber mit dem Freund besprechen und dann über die Zeit auch meine Aversion und Angst vor dem Kind abbauen. Mittlerweile schätze ich den Umgang mit dem Kind sehr. Ich finde, dass die Freundschaft intimer geworden ist, weil sie sich auf das Kind ausgeweitet hat. Ich weiß aber auch, dass es sich nicht negativ auf die Freundschaft ausgewirkt hätte, wenn sich das nicht so entwickelt hätte. Der Freund hat Verständnis für meine ursprünglich abgeneigte Haltung zu Kindern gezeigt und mir versichert, dass wir in jedem Fall eine Möglichkeit finden, unsere Freundschaft aufrechtzuerhalten.

Warst Du dir schon immer sicher, dass Du selbst Kinder bzw. dass Du keine Kinder willst? Warum? Was lässt dich Zweifeln, was bestärkt dich?

Soweit ich zurückdenken kann, wollte ich noch nie eigene Kinder haben. Ich kann auch keine konkreten Gründe dafür nennen, ich verspüre einfach den Wunsch danach nicht. Manchmal habe ich das Bild im Kopf, dass an der Stelle in meinem Gehirn, wo bei anderen dieser Wunsch sitzt, einfach nichts ist.

Zweifel, die ich manchmal an meiner Kinderwunschlosigkeit habe, entstehen oft eher durch Äußerungen anderer als in meiner eigenen Auseinandersetzung. Das fällt mir schon auf, aber an sich finde ich es nicht schlimm, wenn äußere Einflüsse mich zum Nachdenken bringen. Ich finde es auch nicht schlimm, überhaupt zu zweifeln. Es ist völlig in Ordnung, wenn Entscheidungen im Laufe der Zeit erneut überdacht und getroffen werden. In anderen Lebensbereichen versuche ich, mir eine möglichst große Chance für Entwicklung und Veränderung zu geben, aber bei diesem Thema habe ich Angst, eine Grundlage für Sexismus zu schaffen, wenn ich am Ende doch noch eine „richtige Frau“ werde. Dabei würde ich das Thema manchmal gerne einfach auf mich zukommen lassen, auch wenn ich eigentlich nicht mit einer großen Veränderung in meiner Haltung rechne.

Tickt(e) Deine biologische Uhr nicht bzw. was löst diese Metapher bei dir aus?

Ich habe diesen Spruch schon selbst zu anderen Frauen gesagt, in einem vertrauten Gespräch und mit einem ironischen Augenzwinkern. Für diese Frauen ist der Spruch Realität, sie machen sich Sorgen darüber, ob sie in ihrem Wunschalter schwanger werden und auch, ob es irgendwann zu spät für sie ist. Ich finde es wichtig, dass diese biologischen Grenzen nicht verschleiert werden, sondern offen und ohne Sexismus thematisiert werden können. Das kann dann hoffentlich irgendwann mit einer besseren Zugänglichkeit von alternativen Möglichkeiten (künstliche Befruchtung, Adoption…) einhergehen. Was ich jedoch nervig finde, ist die oftmals mitschwingende Implikation, dass sich mit den biologischen Merkmalen eines Körpers auf natürliche Weise eine bestimmte Einstellung entwickelt und diese die richtige, weil natürliche, ist. Wenn ich keinen Kinderwunsch habe, bin ich aus dieser Perspektive unnatürlich und schlecht, denn ich bin ja eine Frau mit den körperlichen Möglichkeiten, ein Kind auszutragen. Wäre ich nicht in der Lage, ein Kind auszutragen, wäre ich genauso unnatürlich und schlecht, unabhängig von meinem eigenen Kinderwunsch.

Ich bedenke beide Aspekte dieser Metapher, wenn ich über mich selbst nachdenke: Ich habe bisher keinen Kinderwunsch empfunden und kann nach der Auseinandersetzung mit Sprüchen wie „Das kommt schon noch“ für mich selbst feststellen, dass ich kein unvollständiger oder schlechter Mensch bin, weil ich keinen Kinderwunsch empfinde. Andererseits muss mir bewusst sein, dass ich mit dem aktuellen Wunsch nach Kinderlosigkeit irgendwann eine Entscheidung für den Rest meines Lebens treffe. Ich habe mich mit dem Fall eines zu späten Kinderwunsches auseinandergesetzt und für mich festgestellt, dass ich keine Vorkehrungen oder Vorbereitungen für diesen Fall treffen möchte, aber ich weiß nun, dass es Möglichkeiten für mich gibt, mit diesem Fall umzugehen.

Welche gesellschaftlichen Erwartungen werden an Dich bezüglich Kinder kriegen bzw. Kinder haben herangetragen? Mit welcher davon hast du am meisten zu kämpfen?

Ich möchte mich nicht auf den Rest meines Lebens festlegen, habe aber das Gefühl, dass das von mir verlangt wird. Und auch wenn ich mir sicher bin, dass ich keine Kinder kriegen möchte, gegenwärtig und zukünftig, möchte ich doch eine weniger dogmatische und absolute Haltung dafür leben. Mir fällt es dabei oft schwer, das gegenüber anderen zu formulieren, weil viele Sätze in Sexismus à la „Der Kinderwunsch kommt schon noch“ abzurutschen drohen.
Tatsächlich macht mir das oft mehr zu schaffen als gesellschaftliche Ressentiments gegenüber einem klar geäußerten Wunsch nach Kinderlosigkeit. In meinem Umfeld wird meine Haltung oft unkommentiert akzeptiert. Familie und Freunden ist es zusätzlich wichtig, mir zu vermitteln, dass sie auch keinen Erwartungsdruck an mich aufbauen möchten.

Zeichnungen mit verschiedenen Darstellungen von Elternschaft