- Alter
- 41
- Gender
- Männlich
- Kinderwunsch
- unklar
Warst Du dir schon immer sicher, dass Du selbst Kinder bzw. dass Du keine Kinder willst? Warum? Was lässt dich Zweifeln, was bestärkt dich?
Nein, ich war mir nie sicher, was ich diesbezüglich will. Und ich gehe mit entsprechenden Zweifeln und Unsicherheiten eigentlich gar nicht explizit um, sondern lasse alles irgendwie an mir vorbeiziehen. Ich war noch nie in der Lebenssituation, in der sich die Frage „jetzt ein Kind?“ konkret gestellt hätte. Es war nie konkret. Ich denke aber oft „Oh Mensch! Wie gut, dass ich keine Kinder habe!“. Und ich finde es zugleich öfters traurig, dass ich keine Kinder habe. Letzteres ist umso präsenter, als dass sich nun seit meinem 40. Geburtstag (vor 2 Jahren) nach und nach ein Gefühl von „der Zug ist abgefahren“ einstellt, auch wenn ich es nicht ausschließe, dass ich doch noch irgendwann eine Elternrolle einnehme (ich bin übrigens ein Hetero-Cis-Mann, entsprechend gibt es bestimmte Optionen und bestimmte nicht).
Ich sehne mich nach ‚Familializität‘ sozusagen, etwa wenn ich am Bahnhof junge Leute mit (von mir zugeschrieben) ihren kleinen Kindern sehe, die von den (von mir als) Groß-/Eltern (gelesenen Personen) freudig in Empfang genommen werden… da gibt es eine Dimension von Nähe und Miteinander, die mit dem Sterben von eigenen Großeltern und Eltern in meinem Leben immer kleiner geworden ist. Ich habe mir vorgenommen mit möglicherweise in Zukunft noch auftauchenden Nichten und Neffen ein eigenes Verhältnis aufzubauen, was voraussetzt, am Verhältnis zu meinen (beide jüngeren) Geschwistern zu arbeiten – letzteres erfüllt mein familienmäßiges Nähebedürfnis aber auch dann, wenn meine Geschwister auch kinderlos bleiben, insofern so oder so eine gute Strategie, denke ich ????
Wie haben sich Freundschaften verändert, seit Du bzw. enge Freund*innen Kinder haben?
Einige Leute, mit denen ich früher eng befreundet war oder auch heute immer noch relativ eng befreundet bin, haben schon seit vielen Jahren Kinder, andere erst seit Kurzem. Insgesamt ist es so, dass ich seit einigen Jahren deutlich weniger mit meinen Freund*innen in Kontakt bin – dies betrifft alle Freund*innen, auch die ohne Kinder und es liegt natürlich auch an mir. Darunter fallen aber eben auch die Leute mit Kindern. Ich kann die Tatsache, dass ich heutzutage eher (teils bewusst selbstgewählt, teils aufgrund allgemeiner Lebensbedingungen) ein Einzelgänger geworden bin (von meiner eigenen Liebesbeziehung abgesehen), nicht allein dem Umstand, dass Leute Kinder haben, zurechnen. Ich habe keine Kinder, bin Anfang 40, wohne allein. Es ist eher ein Prozess, dass ich immer weniger im Austausch mit Leuten bin, der seit einigen Jahren anhält. Ich denke jedoch, wenn in meinem heutigen Umfeld zumindest zwei bestimmte Personen keine Kinder hätten, würde ich diese beiden öfter treffen und sprechen.
Insgesamt ist es bei meinen (ehemaligen) Freund*innen und auch bei mir selbst aber der übliche Komplex aus weniger Zeit wegen Lohnarbeiten, Umzüge in andere Städte, Ausscheiden aus den jugendkulturell-studi-mäßigen Szene-Politkontexten – was leider lange mein einziges Hobby war. Hinzu kommt der Rückzug aus dem WG-Wohnen, die Pandemie und auch, dass viele Leute immer mehr Zeit für ihre Partner*innschaft und Kleinfamilie aufwenden (müssen) als für Freund*innen. Allerdings bin ich mir in meinen Sichtweisen auf meine unterschiedlichen biografischen Phasen teils auch nicht so sicher – so habe ich zwar früher angenommen, dass ich intensive Freund*innenschaften haben würde _ im lange für mich relevanten Vergleich dazu, was mir mein Vater vorgelebt hat, stimmte das auch. Dennoch waren, aber retrospektiv diese Freud*innenschaften im Vergleich zu vielen anderen Leuten vielleicht gar nicht so eng. So gibt es etwa keine*n Freund*in, bei denen ich heutzutage auch irgendwas mit deren Kindern zu tun hätte. Mir fiel neulich auf, wie vertraut die zwei Kinder eines Freundes mit anderen Freund*innen der beiden Eltern waren, während sie mich hingegen kaum kennen. Aber mit dem Leben des betreffenden Freundes hatte ich wohl auch schon vor den beiden Kindern oft nicht so superviel zu tun. Es gab immer Aspekte, die wir geteilt haben und viele andere, bei denen wir wenig Überschneidungen haben.
Ich denke bei anderen alten Freund*innen gibt es in Hinblick auf deren Kinder-Haben gar nicht viel Veränderungen… ich denke an Schulfreund*innen. Wir leben halt seit über 20 Jahren nicht mehr in einer gemeinsamen Stadt und seit 10 Jahren gibt es Kinder… das schwimmt alles ineinander…
Welche gesellschaftlichen Erwartungen werden an Dich bezüglich Kinder kriegen bzw. Kinder haben herangetragen? Mit welcher davon hast du am meisten zu kämpfen?
An mich werden/wurden kaum derlei Erwartungen herangetragen. Eigentlich hat nur meine Mutter früher manchmal zu mir gesagt, dass sie sich auf Enkelkinder freuen würde, aber sie hat lange nicht verstanden, dass das bei mir wohl eben nicht „einfach so“ passiert und dass ich zugleich nie in der konkreten Situation war, eine Entscheidung zu treffen. Erst seit einiger Zeit kommt so langsam bei ihr an, dass ich nicht mehr jung bin und auch in meinem Leben nicht mehr alles möglich ist. Ich glaube sie hofft nun einfach, dass meine Geschwister Kinder bekommen.
Ansonsten fallen mir nur Begegnungen mit mir eher kaum bekannten Leuten aus ganz anderen Lebensrealitäten ein, die sich wunderten, dass ich keine Kinder habe bzw. keine Kinder plante – z.B. auf Reisen oder irgendwelche Leute, mit denen ich zur Schule gegangen bin, die aber schon in ihren 20ern Eltern geworden sind oder so. Ich glaube in meinem Milieu (links, akademisch, weiß, bildungsbürgerlich, urban) wirft es (wohl dennoch auch in Anbetracht meiner eigenen sozialen Positionierung als Mann) nicht so viele Fragen auf.
Wurde dir schon mal das Recht oder die Möglichkeit abgesprochen (keine) Kinder zu kriegen/zu haben, wie wurde das begründet und was hat das mit dir gemacht?
Das Recht und die Möglichkeit wurde mir nicht abgesprochen. Mir fällt dazu ein, dass eine meiner einstigen Freundinnen (Hetero-Liebesbeziehung) der Ansicht war, dass sie zwar in Zukunft gern Kinder hätte, aber nicht mit mir, weil sie meine psychische Konstellation dafür zu problematisch fand. Ich habe das damals nicht so ernst genommen, aber aus heutiger Sicht verletzt es mich vielleicht mehr als damals. Auch wenn ich ihren Befund (vor allem in Bezug auf damals) gar nicht so falsch finde und ich auch froh bin, dass wir in unserer unguten Beziehung keine Kinder bekommen haben.